Dienstleistungen – Tiergesundheit
Kampagnen
BVD-Ausrottung
Endspurt zur Ausrottung von BVD
«Entscheidend ist, dass alle mitmachen»
Im Interview erklärt der Freiburger Kantonstierarzt und Delegierte der Vereinigung der Schweizer Kantonstierärztinnen und Kantonstierärzte für das Dossier BVD, weshalb es so wichtig ist, die BVD auszurotten, was die BVD-Ampel bringt und was die kantonalen Veterinärämter tun, damit das Ziel erreicht wird.
Autorin: Edith Nüssli
Herr Seitert, Die Veterinärdienste Schweiz und die Rinderbranche haben einen Endspurt zur Ausrottung der Bovinen Virusdiarrhoe (BVD) beschlossen. Weshalb ist es wichtig, BVD auszurotten?
Grégoire Seitert: BVD auszurotten ist wichtig, weil damit das Verstellen und der Handel von Tieren sicherer werden und der Stress für betroffene Bauernfamilien vermieden wird. Verglichen mit dem Ausland werden in der Schweiz Tiere häufig verstellt und gehandelt: Sie werden auf die Alp, an Ausstellung und Viehschauen gebracht oder verkauft. Deshalb kann ein infiziertes Tier grossen Schaden anrichten. Nach einem Ausbruch 2017 in der Westschweiz brauchten wir im Kanton Freiburg sieben Jahre, um alle Betriebe zu sanieren. Das kostete den Kanton rund 10 Mio. Franken. Zudem wurde in zwei Studien festgestellt, dass eine BVD-Infektion auf dem Betrieb verunsichert und zu grossem psychologischen Stress bei Bäuerinnen und Bauern führt. Ausserdem erschweren die grösseren Betriebsstrukturen die Bekämpfung und stellen eine Herausforderung punkto Biosicherheit dar.
Was ist speziell an BVD?
Die Infektion über den Fötus macht BVD kompliziert. Ob ein Fötus infiziert wurde, kann erst geprüft werden, wenn das Kalb geboren ist. Wenn das Kalb infiziert ist, scheidet es das Virus sein Leben lang aus. Deshalb ist es wichtig, Infektionen zu entdecken, infizierte Kälber zu töten und die Infektionskette zu unterbrechen.
Welches sind die wichtigsten Massnahmen, um BVD auszurotten?
Die sichtbarste Massnahme ist die BVD-Ampel in der Tierverkehrsdatenbank für jede Rinderhaltung. Wichtig ist auch, jede frisch gekalbte Kuh mit ihrem Kalb zu separieren, bis das Kalb negativ getestet ist. Das ist zum Beispiel in grossen Betrieben mit 100 Milchkühen und nur zwei Abkalbeboxen manchmal eine Herausforderung.
Was bringt die BVD-Ampel?
Die Ampel ist ein Instrument, um das Risiko einer Infektion beim Zukauf eines Tieres einzuschätzen. Sie ist nicht zu verwechseln mit dem aktuellen BVD-Status. Eine orange Ampel heisst nicht, dass der Betrieb gesperrt ist. Ein oranger Betrieb erfüllt die erste Bedingung für die grüne Ampel: Er hat kein persistent infiziertes Tier auf dem Betrieb. Er hat jedoch noch nicht genügend negative Ergebnisse aus dem Überwachungsprogramm. Bis er genügend Ergebnisse hat, bleibt er orange.
Was bedeutet das konkret?
Bei Betrieben, die Milch abliefern, wird die Tankmilch zweimal pro Jahr untersucht. Damit die Ampel grün ist, müssen die letzten drei Proben negativ sein. Bei Betrieben, die keine Milch liefern, wird einmal pro Jahr eine Gruppe von Tieren getestet. Dafür wird Blut abgenommen. Die Ampel ist grün, wenn die letzten zwei Proben negativ waren, wenn Bedingung 1 weiterhin erfüllt ist.
Was muss man tun, wenn die Ampel des Betriebs orange ist, um eine grüne Ampel zu bekommen?
Entweder abwarten, bis genügend negative Überwachungsdaten vorhanden sind, oder sich aktiv beim kantonalen Veterinärdienst melden, damit ihre Milch oder ihre Tiere getestet werden und der Betrieb die grüne Ampel bekommt.
Haben Betriebe mit roter Ampel eine Chance, am 1. November 2026 den Status BVD-frei zu erhalten?
Ja, Betriebe, deren Ampel am 1. November 2024 rot war, haben eine Chance. Sie müssen mindestens 18 Monaten ohne Virus und während der gleiche Periode die entsprechenden negativen Untersuchungsresultate aufweisen (Blut oder Milch).
Wenn aber in den kommenden Monaten auf dem Betrieb ein infiziertes Tier entdeckt wird, wird es schwierig. Denn zuerst muss der Betrieb saniert werden und dann muss die Überwachung unauffällig sein. Das dauert bei Betrieben mindestens 18 Monaten nach der Sanierung.
Welche Rolle haben die kantonalen Veterinärämter?
Wir machen alles, damit die Bäuerinnen und Bauern die zweijährige Übergangsphase nutzen, um am 1. November 2026 den neuen Status BVD-frei zu erhalten. Eine erste Aufgabe ist, die BVD-Überwachung für möglichst viele Betriebe zu vervollständigen. Im Kanton Freiburg haben wir in den letzten Monaten bei allen Betrieben mit oranger Ampel geschaut, was der Grund dafür ist. Das hat schon einiges gebracht: Anfang März 2024 waren von den 2106 Freiburger Rindviehhaltungen noch 712 orange, fast ausschliesslich Betriebe ohne Milchlieferung. Anfang Dezember waren es noch 267.
Zweitens informieren wir unsere Rinderhaltungen, welche Massnahmen in der Übergangsfrist getroffen werden müssen. Wir haben alle Betriebe persönlich angeschrieben, ein Merkblatt zur Biosicherheit zusammengestellt und viele Informationen auf unserer Website verfügbar gemacht.
Drittens unterstützen wir Betriebe mit oranger Ampel, dass sie vor dem 1. November2026 grün werden. Ausserdem sind wir in Kontakt mit anderen Kantonen.
Was sind die Voraussetzungen, damit das Ziel erreicht wird?
Das 2008 gestartete Ausrottungsprogramm (s. Kasten) hat eine günstige Ausgangslage geschaffen. Es braucht nicht mehr viel, um BVD auszurotten. Mit der Ampel haben wir ein Instrument, mit dem jeder Betrieb das Risiko beim Kauf eines Tieres einschätzen kann. Entscheidet ist, dass alle mitmachen und so infizierte Tiere so früh erkannt werden, dass sich das Virus nicht verbreitet. Die Landwirte sind verantwortlich für die Tiergesundheit auf ihrem Betrieb. Die Viehhändler sind verantwortlich, nur Tiere mit elektronischem Begleitdokument der TVD zu handeln und nur Tiere aus Betrieben mit grüner Ampel oder negativ-getestet Tiere zu verladen. Dieselbe Regelung sollte auch bei der Alpung beachtet werden. Persönlich bin ich zuversichtlich, dass wir BVD bis Ende Oktober 2026 ausrotten können.
Was passiert am 1. November 2026?
Die BVD-Ampel verschwindet aus der Tierverkehrsdatenbank und die Betriebe erhalten den neuen Status «BVD-frei» oder «nicht BVD-frei». Betriebe mit Status «BVD-frei» können ab 1. November 2026 ihre Tiere ohne Einschränkung verstellen und verkaufen. Betriebe mit Status «nicht BVD-frei» müssen jedes Tier testen lassen, wenn sie es verstellen oder verkaufen und mit einem durch den amtlichen Tierarzt ausgestellten rosa Begleitdokument versehen. Im Kanton Freiburg gibt es viele bekannte Zuchtbetriebe. Diese erzielen mit dem Verkauf von Embryonen, Kälbern oder Rindern einen signifikanten Umsatz. Der Status «nicht BVD-frei» würde also auch ins Geld gehen. Deshalb lohnt es sich, die zweijährige Übergangsphase zu nutzen, um den Status «BVD-frei» zu erlangen. Dafür muss man noch ein drittes Kriterium erfüllen: Ab 1. November 2025 darf man nur noch Tiere aus Betrieben mit grüner Ampel oder negativ getestete Tiere auf den eigenen Betrieb nehmen.
Grégoire Seitert
Grégoire Seitert (51) ist seit 2012 Kantonstierarzt und Vorsteher des Amts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen des Kantons Freiburg. Zuvor war der gebürtige Freiburger fünf Jahre Genfer Kantonstierarzt und drei Jahre im Bereich Fleischkontrolle in einem grossen Schlachtbetrieb tätig. Für das Thema Lebensmittelsicherheit hat ihn seine Dissertation sensibilisiert. Als Alpbesitzer kennt er auch die Praxis.
Das wurde schon gemacht
2008 wurde das nationale BVD-Ausrottungsprogramm gestartet, das der Veterinärdienst Schweiz zusammen mit der Branche entwickelt hatte. Die gesamte Schweizer Rinderpopulation wurde innert sechs Monaten auf Bovine Virusdiarrhoe (BVD) getestet und rund 8000 Tiere ausgemerzt, die persistent infiziert (PI) waren. Die Tests wurden bis Ende 2012 weitergeführt und bei positivem Resultat immer auch die Ansteckungsquelle gesucht. Dadurch sank der Anteil PI-Kälber auf 0,02 Prozent. Das ist eine gute Ausgangslage, um das Virus ganz auszurotten. «Es braucht nicht mehr viel, um endgültig BVD-frei zu werden», betont der Freiburger Kantonstierarzt Grégoire Seitert.
Neues Element auf der Tierverkehrsdatenbank soll Tierverkehr sicherer machen
Das bedeutet die BVD-Ampel
Welches Risiko besteht, die Bovine Virusdiarrhoe (BVD) einzuschleppen, wenn ein Tier zugekauft wird? Das zeigt die so genannte BVD-Ampel, die seit dem 1. November auf der Tierverkehrsdatenbank sichtbar ist. Mit ihrer Hilfe sollen die Schweizer Rinderhaltungen bis Ende Oktober 2026 BVD-frei werden.
Autorin: Edith Nüssli
Die BVD-Ampel ist seit dem 1. November auf der Tierverkehrsdatenbank (TVD) für zwei Jahre bei den Betriebsdetails und auf Stufe Tier bei den Grunddaten zu finden. Zudem ist sie auf dem elektronisch ausgefüllten Begleitdokument sichtbar. Die Ampel zeigt das BVD-Risiko an, das von einer Tierhaltung ausgeht: Grün steht für Betriebe mit vernachlässigbarem Risiko, Orange für ein mittleres, Rot für ein hohes Risiko.
Das bedeuten Grün, Orange, Rot
«Grün» – vernachlässigbares Risiko – bedeutet, dass der Betrieb folgende Kriterien erfüllt:
Kriterium 1: Auf dem Betrieb ist kein Tier wegen BVD gesperrt und seit 18 Monaten kein persistent infiziertes (PI) Tier vorgekommen (s. Kasten «So wird Bovine Virusdiarrhoe übertragen»).
Kriterium 2: Die BVD-Überwachung (s. Kasten «Das BVD-Überwachungsprogramm») war über einen vorgegebenen Zeitraum durchgehend unauffällig.
«Orange» – mittleres Risiko – heisst:
Kriterium 1 ist erfüllt, Kriterium 2 nicht. Die BVD-Überwachung war nicht durchwegs unauffällig oder ist nicht lückenlos erfolgt.
«Rot» – hohes Risiko – heisst: Kriterium 1 und 2 sind nicht erfüllt.
Für Rinderhaltungen, die nicht im nationalen BVD-Überwachungsprogramm sind, ist das BVD-Risiko nicht beurteilbar; sie sind «grau» gekennzeichnet.
Beim Tierverkehr BVD-Ampel beachten
Indem Betriebe nur Tiere aus Tierhaltungen mit grüner Ampel oder BVD-Virus-negativ getestete Tiere zukaufen, minimieren sie das Risiko, das Virus bei sich einzuschleppen. Organisatoren von Ausstellungen und Auktionen sollten dafür sorgen, dass nur Tiere aus grünen Betrieben oder BVD-Virus-negativ getestete Tiere aufgeführt werden. Auf öffentlichen Märkten werden ab 1. April 2025 nur Tiere aus grünen Betrieben oder BVD-Virus-negativ getestete Tiere akzeptiert.
Der kontrollierte Tierverkehr ist das dritte Kriterium, das erfüllt sein muss, um am 1. November 2026 den neuen Status «BVD-frei» zu erhalten. Es besagt, dass in den letzten 12 Monaten nur Tiere aus Betrieben mit grüner Ampel oder BVD-Virus-negativ getestete Tiere in den Betrieb verbracht worden sein dürfen. Wer also ab dem 1. November 2025 ein ungetestetes Tier aus einem nicht-grünen Betrieb zukauft, erfüllt Kriterium 3 nicht. Das gilt auch bei Zukäufen über Märkte und Auktionen.
So wird die BVD-Ampel berechnet
Ob die Ampel eines Betriebs grün, orange oder rot ist, basiert auf den eingegebenen Daten zum Tierverkehr, den Laboranalysen und den gemeldeten Seuchenfällen. Das BVD-Risiko wird täglich über Nacht neu berechnet. Je rascher die Informationen auf der TVD erfasst werden, desto aktueller die Ampel und desto besser ihre Aussagekraft. Ein BVD-Verdacht muss umgehend der Bestandestierärztin oder dem Bestandestierarzt gemeldet werden, denn BVD ist eine meldepflichtige Tierseuche.
Knapp 14 Prozent orange und rote BVD-Ampeln
Kurz vor dem Start der zweijährigen Übergangsphase war die BVD-Ampel bei rund 86 Prozent der Betriebe grün und nur bei 0,2 Prozent oder 83 Betrieben rot. Bei den restlichen gut 13 Prozent war die Ampel orange. «Betriebe mit oranger Ampel benötigen in den meisten Fällen nur noch etwas Zeit, bis auch sie das Kriterium ‘negative BVD-Überwachung’ erfüllen und somit die grüne Ampel erhalten können», erklärt Elena Di Labio, Leiterin BVD-Ausrottungsprogramm beim Bundesamt für Veterinärwesen und Lebensmittelsicherheit.
Ziel ist, den neuen Status «BVD-frei» zu erreichen
Ziel der zweijährigen Übergangsphase ist, dass die Schweizer Rinderhaltungen alle drei geforderten Kriterien erfüllen und damit am 1. November 2026 den neuen Status «BVD-frei» erhalten werden. Dieser gibt mehr Sicherheit als der aktuelle Status «nicht gesperrt», weil der neue BVD-Status die BVD-Situation einer Tierhaltung bis zu 24 Monate zurück berücksichtigt. Die heutigen Status «nicht gesperrt», «Einzeltiere gesperrt» oder «gesperrt» gelten noch bis Ende Oktober 2026, unabhängig von der BVD-Ampel.
So wird Bovine Virusdiarrhoe übertragen
- Im Mutterleib: Kälber, die sich im Mutterleib mit BVD-Viren anstecken, können persistent-infizierte Tiere (PI-Tiere) werden. Sie streuen lebenslang BVD-Viren und stellen die Hauptansteckungsquelle für andere Tiere dar.
- Direkt durch Kontakt mit Maul, Nase, Fäkalien oder Körperflüssigkeiten eines infizierten Tiers. Auch die Nachgeburt und sämtliche Geburtsflüssigkeiten sind infektiös. Deshalb ist eine gute Geburtshygiene wichtig.
- Indirekt über kontaminierte Kleidung, Stiefel, Gerätschaften und Einstreu, schmutzige Viehtransporter etc.
So lange einzelne Tiere das BVD-Virus noch in sich tragen, kann die Seuche jederzeit wieder ausbrechen.
Das BVD-Überwachungsprogramm
Seit 2012 werden die Rinderhaltungen in der Schweiz auf BVD überwacht. Von allen Betrieben, die Milch liefern, wird halbjährlich eine Tankmilchprobe auf das Vorkommen von Antikörpern (Abwehrstoffen) gegen BVD untersucht. Bei allen Rinderhaltungen ohne Milchlieferung werden einmal pro Jahr Blutproben von einer Rindergruppe genommen, entweder am Schlachthof oder auf dem Hof, und ebenfalls auf Antiköper untersucht.
Ist das Resultat der Tankmilch oder der Rindergruppe positiv, muss die Tierärztin oder der Tierarzt weitere Proben von Tieren des betroffenen Bestandes nehmen und untersuchen lassen.
Werden persistent mit dem Virus infizierte Tiere gefunden, müssen diese unmittelbar geschlachtet werden.
Auf einzelnen Betrieben werden alle neugeborenen Kälber mit Ohrhautstanzproben direkt auf das BVD-Virus untersucht. Bestimmt werden diese Betriebe vom Kanton. Positiv getestete Tiere müssen unmittelbar geschlachtet werden.
Negative Tests im Rahmen der BVD-Überwachung bedeuten, dass es keine Hinweise gibt, dass das BVD-Virus im Bestand zirkuliert.
Links
Rinderbranche und Veterinärdienst Schweiz nutzen die günstige Ausgangslage
Die Schweiz will BVD-frei werden
99 Prozent der Betriebe mit Rindvieh sind in der Schweiz frei von Boviner Virusdiarrhoe (BVD). Nun will die Rinderbranche gemeinsam mit dem Veterinärdienst Schweiz das BVD-Virus ganz ausrotten. Dafür wird seit dem 1. November in der Tierverkehrsdatenbank für zwei Jahre die so genannte BVD-Ampel angezeigt. Wird diese beim Tierverkehr beachtet, sollten die Schweizer Rinderhaltungen Ende Oktober 2026 BVD-frei und der Tierverkehr uneingeschränkt möglich sein.
Autorin: Edith Nüssli
«Dank intensiver Bekämpfung und Überwachung ist die Bovine Virusdiarrhoe in der Schweiz nahezu verschwunden», sagt Elena Di Labio, Leiterin des BVD-Ausrottungsprogrammes beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV (s. Kasten «Das wurde schon gemacht»). Das sei eine günstige Ausgangslage, um die letzte Meile auf dem Weg zur BVD-Freiheit zu gehen. Deshalb hat die Rinderbranche gemeinsam mit dem Veterinärdienst Schweiz entschieden, den Tierverkehr noch sicherer zu machen. Der Veterinärdienst Schweiz umfasst das BLV und die kantonalen Veterinärdienste. Nach einer zweijährigen Übergangsphase sollten alle Rinderhaltungen den Status «BVD-frei» erreichen, so dass der Tierverkehr uneingeschränkt möglich ist.
BVD ist eine Handelsseuche
BVD ist eine meldepflichtige Tierseuche. Verbreitet wird das Virus vor allem über den Tierverkehr. Deshalb kann die Seuche jederzeit wieder ausbrechen, solange einzelne Tiere das BVD-Virus noch in sich tragen (s. Kasten «Diese Schäden richtet das BVD-Virus an»). «Schon Einzelfälle können zu grösseren regionalen Ausbrüchen und zu beträchtlichen wirtschaftlichen Schäden führen, zumal der Tierverkehr in der Schweiz sehr intensiv ist», betont Michel Geinoz, Präsident der Organisation Nutztiergesundheit Schweiz (NTGS).
BVD-Ampel hilft den eigenen Tierbestand schützen
Damit sie das Virus nicht in ihren Tierbestand einschleppen, können sich alle Tierhalterinnen und -halter seit dem 1. November an der so genannten BVD-Ampel orientieren. Diese wird auf der Tierverkehrsdatenbank (TVD) bei den Betriebsdetails und auf dem elektronisch ausgefüllten und ausgedruckten Begleitdokument ersichtlich sein. Sie zeigt das BVD-Risiko an, das von einer Rinderhaltung ausgeht: Grün steht für Betriebe mit vernachlässigbarem Risiko, Orange für ein mittleres Risiko, Rot für ein hohes Risiko.
Tierhaltende können ihren Bestand aktiv vor BVD schützen, indem sie nur Tiere aus Tierhaltungen mit vernachlässigbarem BVD-Risiko zukaufen, das heisst von Betrieben mit einer grünen Ampel oder BVD-Virus-negativ getestete Tiere. Organisatoren von Märkten, Ausstellungen und Auktionen sollten dafür sorgen, dass nur Tiere aus grünen Betrieben oder BVD-Virus-negativ getestete Tiere aufgeführt werden.
BVD-Ampel ergänzt den geltenden BVD-Status
Die BVD-Ampel hat keinen Einfluss auf den heute geltenden BVD-Status; sie ist ein Hilfsmittel in der zweijährigen Übergangsphase. Der heutige Status «nicht gesperrt», «Einzeltiere gesperrt» oder «gesperrt» wird erst auf den 1. November 2026 abgelöst durch den neuen Status «BVD-frei» oder «Nicht BVD-frei». Der neue Status wird die BVD-Situation bis zu 24 Monate zurück berücksichtigt. Der heute geltende BVD-Status berücksichtigt einzig, ob auf dem Betrieb aktuell ein BVD-Fall oder ein -Verdacht vorhanden ist oder nicht.
Ziel ist realistisch
Wenn jeder Betrieb in der zweijährigen Übergangsphase nur Tiere aus Betrieben mit grüner Ampel oder BVD-negativ getestete Tiere zukauft, können die Rinderhaltungen Ende Oktober 2026 BVD-frei sein. «Diese letzte Meile ist für alle Akteure sehr wichtig», betont NTGS-Präsident Geinoz. Die Rindviehhaltenden sollten verstehen, dass sie von einer BVD-Freiheit viel profitieren werden.
Das wurde schon gemacht
2008 wurde das nationale BVD-Ausrottungsprogramm gestartet, das der Veterinärdienst Schweiz zusammen mit der Branche entwickelt hatte. Die gesamte Schweizer Rinderpopulation wurde innert sechs Monaten auf Bovine Virusdiarrhoe (BVD) getestet und die Tiere ausgemerzt, die persistent infiziert (PI) waren. Der Anteil PI-Tiere unter den neugeborenen Kälbern sank von 1,4 auf 0,8 Prozent. Ab Anfang 2009 wurden alle neugeborenen Kälber beprobt. Bei positivem Resultat wurde das Kalb geschlachtet. Die Tests wurden bis Ende 2012 weitergeführt und bei positivem Resultat immer auch die Ansteckungsquelle gesucht. Dadurch sank der Anteil PI-Kälber auf 0,02 Prozent. Seit 2012 gilt ein Überwachungsprogramm. Bei Betrieben, die Milch liefern, wird diese halbjährlich auf BVD untersucht, bei allen anderen werden einmal pro Jahr Blutproben genommen. Auf einzelnen Betrieben werden die Kälber noch getestet.
Diese Schäden richtet das BVD-Virus an
Eine Infektion mit Boviner Virusdiarrhoe (BVD) führt unter anderem zu Fruchtbarkeitsstörungen, reduzierter Milchleistung und verzögertem Wachstum. Bei einem Verdacht ist sofort der Bestandestierarzt zu kontaktieren. «Dieses Virus ist besonders schlau», bemerkt Elena Di Labio vom BLV. Bei infizierten trächtigen Kühen gelangt es über die Plazenta zum Fötus und wird in der ersten Hälfte der Trächtigkeit von diesem nicht als schädliches Virus erkannt, weil sein Immunsystem noch nicht ausgebildet ist. Auf diese Weise werden die Kälber persistent infiziert (PI-Tiere) und scheiden das Virus ihr Leben lang und in hohen Mengen aus. Deshalb ist es besonders wichtig, PI-Tiere frühzeitig zu erkennen und zu schlachten, bevor sie das Virus verbreiten.
Bevor 2008 das nationale BVD-Ausrottungsprogramm gestartet wurde, hat die Krankheit in der Schweiz laut BLV jedes Jahr wirtschaftliche Schäden zwischen 9 und 16 Millionen Franken verursacht.
Links
Merkblatt - So bleibt die Rindviehhaltung BVD frei
Infografik - Letzte Meile BVD-Ausrottung – das gilt auf dem Weg zur BVD-Freiheit